Mitten im Countdown …

Es war ein spannendes, aber auch ein unordentlich-struppiges  Jahr. Es sitzt auf meiner Schreibtischkante und schlenkert mit den Beinen, während die eine oder andere Erinnerung in meinem Gedächtnis aufploppt. Im April war da der Besuch auf der London Book Fair, im Mai versuchte ich mich als offizielle Fotografin bei der ver.di-Frauen Mitgliederversammlung in Stuttgart, im Juli hielt ich einen Vortrag zum Storytelling und besseren Schreiben im Beruf vor rund hundert Erzieherinnen in Reutlingen, im August nahmen internationale Studenten an meinem Schreibworkshop an der Universität Tübingen teil, im November war ich dann wieder selbst Zuhörerin beim Regionaltreffen der Mörderischen Schwestern mit Vorträgen geladener Experten zu polizeiliche Ermittlungsverfahren, menschlichen Hirnparasiten und Astronomie. Und über das ganze Jahr hinweg war da natürlich auch die  Arbeit mit all den schreibbegeisterten Teilnehmern meiner Kurse an der VHS Reutlingen und im Volkshochschulheim Inzigkofen. Hinzu kamen Lesungen und Veröffentlichungen, davon manche noch in Vorbereitung.

Besondere Belohnungen waren das Arbeitsstipendium der „Mörderischen Schwestern“, und ein Aufenthaltsstipendium im International Writers Retreat auf Hawthornden Castle für November 2015, die mir beide in diesem Jahr für die Arbeit an meinen Erzählungen zugesprochen wurden. Beide Auszeichnungen sind ein Ansporn, weiterzumachen. Denn um es mal deutlich auszusprechen: Solche Leuchtraketen am Autorenhimmel gibt es. Ab und zu. Selten.

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Nur wenn man unglaublich  stur ist, den Dschungel aus Selbstzweifeln mit der Machete in handliche Stücke hackt und sich traut, Texte immer wieder in die Welt hinauszuschicken. Auch wenn abzusehen ist, dass man sich nur kurze Zeit später unter hereinprasselnden Absagen ducken wird. Denn das tägliche Brot eines Autors sind nicht Preise und Stipendien, sondern Absagen. Höfliche Absagen und freundliche Absagen, „knapp daneben“-Absagen, über denen man vielleicht am längsten brütet. Und natürlich finsteres, eisiges Schweigen.

Kann sein, dass es da draußen Autoren und Autorinnen gibt, die das nicht (oder viel eher: nicht mehr) erleben. Begnadete Gestalten, denen jede Erstversion ihrer Manuskripte, kaum heruntergekritzelt, schon aus den Händen gerissen wird. Die sich daher nicht mit lästigem Gegrübel und Überarbeitungsgängen herumschlagen müssen. Doch das sind seltsame und vom Aussterben bedrohte Exemplare, von denen ich keins persönlich kenne. Ehrlich nicht.

„If you have difficulties with a book, try the element of surprise: attack it at an hour when it isn´t expecting it.“ H.G. Wells.