„Die Irritation“ – Der Film

Nach der Titelstory meines Erzählungsbandes entsteht zur Zeit ein Film. Ich bedanke mich herzlich bei dem jungen Team um Johannes Pfau vom Bayerischen Rundfunk, das mich meine Geschichte mit ganz neuen Augen sehen lässt.

Darsteller sind: Beate Kellmann, Hannah Baus, Fabian Bäcker, Dieter Rupp, Sebastian Dorn, Maske: Tamara Buschendorf, Ton: Fabian Stoffers, Aufnahmeleitung, Transport: Ramona Kisiela, Licht, Bühne, Fotografie: Konstantin Höhne und Lena Eser. Drehbuch, Regie, Kamera, Produktion & Schnitt: Johannes Pfau

Meine Geschichte wurde ans Ufer der Isar verlegt, wo ich an einem kühlen Junitag bei den Dreharbeiten zu Gast sein durfte.

Fotos: © Konstantin Höhne, Elodie Cruz, Anke Laufer

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„An einem Morgen im späten Juni 2010 fiel eine junge Frau von der Fähre Pride of Canterbury in den Ärmelkanal.“

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„Die Passagierlisten sind überprüft worden, die Polizei befragt seit zwei Tagen Personal und Mitreisende, die sich im Warteraum drängen. Trotzdem konnten die Personalien der jungen Frau nicht festgestellt werden.“

„Sie stand lange reglos am Geländer und sah zu, wie sich die Konturen der englischen Küste allmählich auflösten, um schließlich ihren Blick auf das Wasser zu senken.“K1024_P1070719„Sie war schön, wirkte jedoch ausgezehrt, als läge eine große Anstrengung hinter ihr. Gleichzeitig flackerte ihr langes, hellblondes Haar im Wind wie ein Leuchtfeuer und zog die Aufmerksamkeit der umstehenden Männer auf sich.“ Weiterlesen „„Die Irritation“ – Der Film“

„…a faint cold fear…“

Karl-Heinz Heidtmann, einer der amazon Top-500 Rezensenten, hat  sich „Die Irritation“ zu Gemüte geführt und schreibt unter dem Titel: „…a faint cold fear…“  unter anderem:

„Die Sprache der Autorin ist klar, klarer als manch eine ihrer Geschichten, die den Leser ratlos zurücklassen – und dann in der Tat „irritierend“ – oft im Sinne von gruselig – sind.  Vielleicht muss man besonders diese ein zweites Mal, aufmerksamer als beim ersten Mal, lesen? Bereits Rousseau setzte da schon strenge Maßstäbe:
`Ich mache den Leser darauf aufmerksam, daß dieses Kapitel bedächtig zu lesen ist. Ich besitze nicht die Kunst, für jemand klar zu sein, der nicht aufmerksam sein will.´ Doch wie nur konnte die Autorin sich solche Geschichten erdenken? Ist das wirklich alles Fabuliererei? Welch albtraumhafte Phantasie! Bei Martin Walser konnte man einmal lesen:
`In meinen Büchern kann ich schreiben, was ich niemals sagen würde. Das Schreiben ist ein Entblößungs-Verbergungs-Vorgang: Nur weil ich mich verberge in irgendeiner Figur, kann ich weit gehen.´ Doch die Autorin behauptet: Alles Fiktion! Der Leser ist erleichtert.“

Die gesamte Rezension ist nachzulesen unter: http://www.meinebuecher.net/2013/04/anke-laufer-die-irritation/   sowie auf amazon  unter:

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Der Wiedergänger

Als ich ausstieg, erhob sich ein Taubenschwarm von den Dächern der beiden alten Lagerhäuser und schrieb ein luftiges Y in den honigfarbenen Morgenhimmel. Graffiti bedeckten alle erreichbaren Mauerflächen der Backsteinblöcke. In den Fensterhöhlen steckten die Reste eingeschlagener Scheiben wie schiefe Zähne.

Ich zögerte, zwängte mich aber dann doch durch das spaltbreit offenstehende Eingangstor und ging die Auffahrt hinauf. Den Wohnwagen sah ich erst, als es zum Umkehren zu spät war. Der Alleinunterhalter hatte mich gesehen. Er saß rauchend in der offenen Tür, die Füße auf einem Trittschemel.

„Morgen. Kaffee?“

Ich nickte.

„Brötchen dazu?“

Ich schüttelte den Kopf.

Während er drinnen war, sah ich mich um. Das Gelände neben dem Wohnwagen war von rostigen Bahngleisen durchfächert. Zwischen den Schwellen blühte Johanniskraut. Dahinter zitterte die Luft über der leeren, geteerten Fläche, die sich bis zum Rand der Auen erstreckte.

Tauben trippelten hoch über mir die Dachkanten entlang, ruckten mit den Köpfen und gurrten.

„Die warten.“ Er reichte mir eine dampfende Tasse.

„Worauf?“

Er zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß nicht, wer das Kommando gibt. Sie fliegen plötzlich los. Wenn du morgens die Tür aufmachst und sie fliegen quer über das Asphaltfeld… Das ist klasse.“

Später nahm er mich in die Lagerhäuser mit und zeigte mir ihre Nester, armselige Haufen von Kot und Unrat auf Simsen, hinter alten Brettern und verschimmelten Kartonagen. Die Tauben flogen ein und aus ohne sich von uns stören zu lassen, haarscharf an den Bruchkanten des Fensterglases vorbei.

Die Küken waren mehr schlecht als recht von gelbem Flaum bedeckt, hatten zu große Schnäbel und schuppige Federstoppeln, die nach und nach durch die Haut brachen. Wenn sie in Erwartung des Futters die Schnäbel aufrissen, konnte man sehen, wie wild entschlossen sie waren, sich nichts entgehen zu lassen.

„Die scheißen alles zu. Außerdem sind sie voller Ungeziefer. Zecken. Federlinge. Milben.“

Ich mochte sie trotzdem.

Aus: Der Wiedergänger. Erzählung. In: Anke Laufer –  Die Irritation. Erscheint demnächst im worthandel : verlag, Dresden

Skorpione, indigoblau

a.l.,2011

Die Augen der Frau haben sich geweitet. Eine Haarsträhne fällt ihr ins Gesicht und sie schiebt sie mit einer brüsken Bewegung hinter ihr rechtes Ohr. Ihre Hand zittert dabei. Man kann eine eingerissene Stelle an ihrem Daumennagel erkennen.

„Also verlegte er unseren Wohnsitz hangaufwärts, in eines der wohlhabenden Außenviertel. Hohe Mauern, Wachpersonal, Hundegebell. Beste Wohnlage, siehst du, sagte er, eine Stange Geld jeden Monat, aber wenn du so zufriedener bist. Er lächelte und sagte: Sogar mit Garten, sieh mal, jetzt hast du einen Garten. Du könntest Blumen pflanzen, es dir richtig nett machen, Nachbarinnen einladen. Ja, sagte ich zu ihm, tatsächlich? Der Garten also. Weißt du eigentlich, dass es dort Skorpione gibt? Aber er, er schüttelte nur den Kopf. Nein, er hielt mich nicht für verrückt, er wollte nur, dass ich aufhörte, Schwierigkeiten zu machen. Tags darauf kam er nach Hause, in aufgeräumter Stimmung. Er hatte sich erkundigt. Liebling, es gibt keine Skorpione in diesem Teil des Landes, sagte er, nachweislich. Und schon gar keine blauen. Und ich sagte: Das ist typisch. Du lügst dir die Welt zurecht. Sie sind da, verstehst du, sie laufen auf der Terrasse herum. Tag für Tag. Wo sind sie, fragte er. Ich sagte: Sie kommen heraus, wenn ich allein bin, es muss ein Nest geben, da draußen, wahrscheinlich verstecken sie sich unter den Bodenplatten. Er glaubte mir nicht, natürlich nicht, warum auch. Also versuchte ich, sie auszusperren. Ich stopfte Tücher in die Belüftungsschlitze, schloss mich im Schlafzimmer ein und ließ die Jalousien herunter, lag auf dem Bett und schrieb. Ich schrieb irgendetwas. Nichts, auf das man hätte stolz sein können. Erst hörte er auf mit mir zu streiten, dann redete er gar nicht mehr mit mir. Er hat sich nicht einmal mehr aufgeregt, als meine Regel ausblieb. Er nahm es hin. Nein, bevor Sie fragen: Ich habe mich auch nicht gefreut.“

Aus: Skorpione, indigoblau. Erzählung.

Erscheint demnächst in: Die Irritation. worthandel : verlag, Dresden.

Bereits vorbestellbar – beim Verlag oder in jeder Buchhandlung, z.B.

http://www.amazon.de/Die-Irritation-Anke-Laufer/dp/3935259301/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1333088496&sr=8-1

„Die Irritation“ – Neuerscheinung im Mai 2012

Ein Ingenieur, der in einem leeren Fabrikgebäude haust
und dem Geist eines toten Kollegen begegnet.
Eine Frau, die ihr jüngeres Selbst von Bord einer
Kanalfähre wirft. Ein Wissenschaftler, dem
ein ausgestorbener Vogel erscheint.
Ein Handlungsreisender, der an sein dunkelstes
Geheimnis erinnert wird. Ein junger Mann, der auf einem
stillgelegten Spielplatz ein kleines Mädchen beobachtet…

Anke Laufers 21 Stories – jede für sich ein kleines Universum – handeln von Liebe, Tod und dem Einbruch des Unergründlichen und Verstörenden in den Alltag. Atmosphärisch dicht und ungeheuer spannend sind diese Geschichten, ob sie den Leser in ein englisches Seebad entführen, in ein süddeutsches Dorf, in die Straßen von Madrid oder in eine fiktive südamerikanische Großstadt, ob sie aus der scheinbar wohlvertrauten Gegenwart berichten oder uns die gar nicht so weit entfernte, deshalb aber umso unheimlicher erscheinende Zukunft vor Augen führen.
Aus der klaren und präzisen Sprache dieser Autorin schlägt kaltes Feuer: Ihre Stories sind voller Abgründe, Unterströmungen und Andeutungen, die weit über das tatsächlich Erzählte hinausweisen. Vielleicht wahren sie ja gerade deshalb am Ende ihr Geheimnis, das im Leser mit Sicherheit lange nachklingen wird.

„Es gelingt Anke Laufer auf wenigen Seite den Schuldzusammenhang alles Lebendigen vor uns erstehen zu lassen und eine Welt zu gestalten, die wir sehen und hören, riechen und schmecken können, in der kein Wort zuviel ist und ein jegliches am richtigen Ort.“    Manfred Papst, Ressortleiter Kultur, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag.

Der  Band enthält u.a. die in den vergangenen fünf Jahren mit Preisen bedachten Kurzgeschichten und Erzählungen, wie zum Beispiel „Am Klippenrand“ (Würth-Literaturpreis 2011), Schallmeyers Klarsicht (Irseer Pegasus, 2010 und Nordhessischer Autorenpreis 2009), Chinakladden (Schwäbischer Literaturpreis 2009, Literaturpreis Buchmesse im Ried 2010) sowie „Der Papiervater“ (Schwäbischer Literaturpreis 2007)

worthandel : verlag  – Dresden. Klappenbroschur. Umschlaggestaltung nach einem Entwurf der Autorin unter Verwendung einer Arbeit des Street-Art-Künstlers STINKFISH, www.stink.tk, http://www.flickr.com/photos/stinkfishate/6996596770/   Bogotá, Kolumbien.

Herausgegeben von Keydel, Enrico
Verlag : worthandel
ISBN : 978-3-935259-30-9
Einband : Paperback
Preisinfo : 16,90 Eur[D] / 17,40 Eur[A]

Alle Preisangaben in CHF (Schweizer Franken) sind unverbindliche Preisempfehlungen.
Legende: UVP = unverbindliche Preisempfehlung, iVb = in Vorbereitung. Alle Preisangaben inkl. MwSt
Seiten/Umfang : ca. 298 S. – 21,0 x 13,0 cm
Produktform : B: Einband – flex.(Paperback)
Erscheinungsdatum : 1. Aufl. 12.05.2012
Gewicht : 384 g
http://www.worthandel.de/irritation


Die Chronistin von Chateauroux

„…Wir hatten nun fast drei Wochen auf den Rücken unserer Pferde verbracht. Seit siebzehn Tagen ritten wir durch die lichten Wälder des Hochplateaus, dem das Küstenland seinen Quellenreichtum und seine Fruchtbarkeit verdankt. Ich erinnere mich genau daran, wie tief mich die Schönheit jener Landschaft beeindruckte. Zwischen den hochstämmigen Palmen wucherten neben mannigfachem Unterholz riesenhafte Farnkräuter und breitblätterige Helikonien, während von den Wipfeln buntblumige Lianen in malerischem Gewirr herabhingen. Ich musste während der Reise immer wieder an die Klimachroniken denken. Vor kaum hundert Jahren war hier oben noch Schnee gefallen und der dichte schwarze Pelz des Nadelwaldes hatte die Bergrücken bedeckt. 

Mein Name ist Moira Mongulu. Ich reiste im Jahre 2121 nach Chateauroux als Beauftragte für die Wiederbelebung vergessener Güter. Ich kam im Namen des zentralen Revolutionsrates. Meine Begleiter waren Leutnant Asper und eine zwanzigköpfige Truppe von Soldaten, frischgebackene Absolventen der Schule der institutionalisierten Spontaneität…“

Aus: „Die Chronistin von Chateauroux“   nachzulesen in:

Anke Laufer: Die Irritation. Erzählungen. worthandel : verlag, Dresden.

Erscheinungstermin April 2012

(bereits vorbestellbar)